Heute gibt es mal einen kurzen Aufreger zum Wochenende. Weil ich eine Stellenanzeige gesehen habe, bei der mir der Puls rast. Und das kam so:

Eine „international leading agency“ sucht im deutschsprachigen Raum einen Creative Director per Stellenanzeige. Ok, soweit, so gewöhnlich. Bei näherer Betrachtung sieht man aber, die Bewerber sollen bitte einen Online-Test machen. Ist das Ergebnis gut, bekommt man einen Kontakt für ein Bewerbungsgespräch.

Wie bitte? Die wollen einen Creative Director, also einen Mitarbeiter, der eine ordentliche Portion Erfahrung mitbringt und eine ordentliche Portion Verantwortung übernehmen soll, und sie verlangen einen anonymen Online Test? Einen ON LINE TEST… das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wie bei einem Call Center. Das alleine ist schon peinlich. Aber es kommt noch dicker.

Wie du an der Überschrift schon erahnen kannst, suchen die gar keinen Angestellten. Nein! Ganz unten in der Anzeige, etwas abgesetzt, steht ein Satz, den du nicht glauben wirst.

„Diese Position wird als Freelance Mitarbeit ausgeschrieben. Stundenlohn 45,- Euro“

Jetzt schlägt es wirklich Dreizehn. Nicht nur, dass man den Anschein erweckt, man suche einen festangestellten Kreativen, nein, man ist auch noch so frech, einen Stundenlohn von FünfUndVierzig Euro anzubieten. Ja, leben wir im Jahr 2003, oder was? Selbst damals waren 45,- Euro lächerlich. Heute, im Jahr 2023 sind sie eine Beleidigung für jeden, der schon mal eine Agentur von innen gesehen hat. Das ist unfassbar.

Aber warum versuchen vor allem internationale Unternehmen, mit solchen Job-Angeboten die Leute zu fischen? Wahrscheinlich, weil sie darauf spekulieren, Anfänger mit einer feschen Berufsbezeichnung zu ködern und diese dann dank Freelancer Vertrag befreit von den deutschen Regelungen zum Arbeitnehmerschutz und Gehaltstarifen zu beschäftigen… solange man sie ausnutzen kann.

Auf diese Weise wird das Risiko eines Markteintritts in einen schwierigen Markt wie Deutschland schön minimiert. Man wälzt es einfach auf die Freelancer ab. Deren geringe Bezahlung ermöglicht es den Agenturen, unfassbare Angebotspreise rauszuhauen und etablierte Player, die Angestellte fair bezahlen, zu schädigen. Sollte es trotzdem mit dem Start im neuen Land nicht klappen, ist es auch nicht weiter schlimm. Freelancer wird man ja problemlos wieder los. Deswegen hier die Warnung:

Fall nicht auf diese „Angebote“ rein!


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