Wahrscheinlich kennst du OMR, die Online Marketing Rockstars aus Hamburg. Wenn du auch nur entfernt mit Marketing oder Online zu tun hast, stehen die Chancen gut, dass du schon mal das Festival besucht, einen Artikel gelesen oder einen Podcast von OMR gehört hast. Und das mit Recht. Deren Inhalte sind einfach richtig gut. So wie der OMR Education Podcast, den ich immer wieder gerne höre und dir auch unbedingt empfehle.

So, damit wäre die aufmerksamkeitsstarke Einleitung erledigt. Kommen wir zum Thema, das auch mit OMR zu tun hat. Denn der Grund, warum ich heute mal kurz was zum Online Marketing schreibe, ist der Education Podcast. Da war letzte Woche Dr. Markus Wübben zu Gast. Ein wirklich cleverer Typ, der ein spannendes Thema im Gepäck hatte: Kundenwert.

Tatsächlich war ich über den Inhalt der Folge sehr überrascht. Der Markus erzählt da nämlich, dass die Online-Händler jetzt umdenken müssten. Und darauf schauen, wie viel sie an einem Kunden verdienen. Voll die gute… oh wait… was haben die denn bisher gemacht?

Die haben nur auf Wachstum optimiert. Neue Kunden und große Warenkörbe waren das Ziel. Hauptsache mehr Umsatz, egal, wie das Ergebnis aussieht. Natürlich war mir klar, dass im Online Handel krass auf Wachstum optimiert wurde. Was mich umgehauen hat, war die Tatsache, dass in dem Podcast eine Grundregel der Betriebswirtschaft komplett als der neue geile Scheiss erklärt werden muss. Man merkt an einigen Stellen auch das Unverständnis, wenn Markus Beispiele nennt von Online-Händlern, die mit Kunden ganz selbstverständlich Verlust(!!) machen, nur weil diese Kunden hohe Warenkörbe haben und den Umsatz krass aussehen lassen.

Der Podcast war ein richtiges AHA-Erlebnis. Wie krank ist das bitte? Da gucken ganze Heerscharen von Online-Retailern nur darauf, dass ihr Umsatz auf dem Papier so hoch wie möglich aussieht. Und kein Mensch interessiert sich für den Kundenwert, geschweige denn ein positives Ergebnis? Sind alle so verwöhnt von billigem Investoren-Geld, dass sie „Geld verdienen“ gar nicht mehr nötig haben? Es scheint so. Auf den ersten Blick.

Aber ich denke, das ist nur die halbe Wahrheit. Hinter der Umsatz-Geilheit steckt nämlich in sehr vielen Fällen noch etwas anderes: eine Exit Strategie.

Es geht oft nicht mehr darum, eine Firma zu gründen, um „etwas zu schaffen“. Es geht darum, eine Idee möglichst schnell zu einem möglichst grossen Unternehmen aufzublasen und das Ganze dann möglichst teuer zu verkaufen. Die Idee selbst spielt dabei erstmal keine besondere Rolle. Genau wie die Wirtschaftlichkeit. Wichtig ist nur, mit fremdem Geld einen hohen Buchwert zu erschaffen, auf dessen Grundlage dann verkauft werden kann. Ob man jemals Gewinne gemacht hat, wird da gar nicht gefragt. Es zählen nur Bewertungen und Multiples.

Bitte nicht falsch verstehen. Was da im Podcast gesagt wird, ist total vernünftig und richtig. Was mich fertig macht, ist die Tatsche, dass einfache BWL-Erstsemester Weisheiten allem Anschein nach vor allem von Online-Gründern vollständig ignoriert werden, um möglichst schnell einen saftigen Exit hinzulegen. Ohne einen Gedanken an Nachhaltigkeit oder an die Angestellten. Die sind nämlich am Ende die Doofen, wenn der Gründer seine Millionen hat und der Käufer zum Wohle der Wirtschaftlichkeit erstmal die halbe Belegschaft feuert.

Sorry, aber dieser Egoismus-Kapitalismus gefällt mir gar nicht.


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